Seattle Verkehrskomplettguide: U-Bahn, Bus und Mietwagenwahl



Bei meiner Ankunft in Seattle ist der erste Eindruck meist eine saubere, grüne Stadt. Obwohl Seattle nicht sehr groß ist, ist die Stadt vielschichtig und komplex strukturiert. Sie liegt zwischen Bergen und Meer, das Gelände ist hügelig und der Regen fällt häufig. Ohne gute Vorbereitung auf die Fortbewegung kann man leicht von der Kombination aus Regen, Stau und steilen Straßen überrascht werden. Eine meiner liebsten Arten, diese Stadt zu erleben, ist es, sie mit den Füßen zu erkunden oder mit Rädern ihren Rhythmus zu spüren. Um Seattle wirklich zu verstehen, ist die Wahl des Verkehrsmittels entscheidend.

Basierend auf meinen eigenen Erfahrungen werde ich die Verkehrssysteme der Stadt vorstellen – von der praktischsten U-Bahn (Link Light Rail) über das Busnetz bis hin zu Vor- und Nachteilen von Mietwagen. Egal ob Erstbesucher oder erfahrener Entdecker versteckter Ecken – hier findet jeder die passende Mobilitätsoption.

1. Link Light Rail: Das Rückgrat der Stadt

Das leichte Schienensystem „Link Light Rail“ nutze ich am häufigsten und kann es besonders für den Flughafen-Transfer und die Durchquerung der Innenstadt empfehlen. Die Linie verläuft von Angle Lake im Süden bis Northgate im Norden und verbindet wichtige Orte wie den Flughafen, die Innenstadt und die Universitätsviertel.

(1) Direkte Verbindung vom Flughafen ins Stadtzentrum

Vom Sea-Tac International Airport sind es 5 bis 10 Minuten Fußweg zur Link Light Rail-Station am Flughafen. Fast alle Ankommenden nutzen diese günstige (Fahrpreise zwischen 2,25 und 3,5 US-Dollar je nach Distanz) und schnelle Verbindung ins Zentrum. Die Fahrt dauert rund 40 Minuten und ist staufrei, selbst zu Stoßzeiten.

Ich erinnere mich an eine Fahrt früh morgens um 7 Uhr, bei der ich vom Fenster aus die ersten Sonnenstrahlen und ferne Schneebedeckte Gipfel sehen konnte – eine sehr entspannte Fahrt. Die Züge sind sauber, ordentlich und die Passagiere vor allem Pendler und Reisende, die meist ruhig sind.

(2) Ticketkauf und ORCA-Karte

Tickets erhält man an Automaten an jeder Station, oder noch praktischer mit der ORCA-Karte – einer kontaktlosen Fahrkarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel in Seattle. Die ORCA-Karte kann am Flughafen, an Bahnhöfen oder online gekauft und aufgeladen werden.

Die Light Rail-Stationen sind meist ebenerdig oder auf Hochbahntrassen, es gibt keine Drehkreuze. Dennoch muss man beim Fahren stets einen gültigen Fahrschein oder die aufgeladene ORCA-Karte dabei haben, da Kontrollpersonal unterwegs Fahrkarten prüft und bei Verstoß Strafen bis zu 124 Dollar verhängt.

(3) Ausbaupläne der Light Rail

Die Link Light Rail wird aktuell ausgebaut: Eine Verlängerung Richtung Bellevue und Redmond (East Link) sowie nach Lynnwood im Norden sind in Arbeit. In den nächsten Jahren soll das Schienennetz zum Rückgrat des gesamten Großraums Seattle werden, was die Erkundung der Vororte und umliegenden Städte erheblich erleichtert.

2. Bussystem: Vielseitig und flächendeckend

Das Busnetz des King County Metro ist das Rückgrat für innerstädtische Fahrten und das Verbindungsnetz zu Parks, Museen und anderen Sehenswürdigkeiten. Ich nutze Busse oft, um von Hotels zu den Fähren zu kommen oder zwischen Stadtvierteln zu pendeln. Die Busdichte ist beeindruckend, egal ob Hauptlinien oder kleine Nebenstrecken.

(1) Umfangreiche Routen mit nahezu lückenloser Abdeckung

Das King County Metro bietet über 200 Buslinien, die Innenstadt, Universitäten, Wohnviertel und sogar abgelegene Vororte bedienen. Einmal fuhr ich früh morgens mit Linie 49 von Capitol Hill zur Universität und beobachtete Studenten mit Kaffee in der Hand – das Leben der Stadt in einem Moment eingefangen.

Hauptbezirke wie Downtown, Pike Place Market, Kerry Park und Seattle Center sind gut angebunden, oft genügt eine oder zwei Umstiege, um hinzukommen.

(2) Fahrpreise und ORCA-Karten-Nutzung

Der Fahrpreis liegt bei rund 2,75 Dollar ohne Streckenabschnitt-Unterteilung. Die ORCA-Karte gilt als universelles Ticket auch im Bus: einfach beim Einsteigen an das Lesegerät halten, fertig.

Kurzzeitbesucher können auch bar bezahlen (am besten passend, da kein Wechselgeld herausgegeben wird) oder die App „Transit Go Ticket“ nutzen, um elektronische Tickets mobil zu erwerben.

(3) RapidRide: Schneller Bus für die Hauptachsen

Die roten RapidRide-Busse sind eine Schnellbuslinie mit weniger Haltestellen und häufigeren Fahrten, die etwas an eine Straßenbahn erinnern. An Haltestellen gibt es oft Echtzeit-Anzeigen. Linien wie D, E oder C sind sehr praktisch, um schnell durch die Stadt und Vororte zu kommen.

(4) Nachtbusse und Sicherheit

Nachtbusse verkehren vor allem auf wichtigen Strecken, wenn auch mit weniger Frequenz. Nachts reise ich lieber mit Plan, vor allem allein. Die Haltestellen in der Innenstadt sind gut beleuchtet, und es gibt regelmäßige Polizeistreifen, sodass sich die Sicherheit insgesamt in Grenzen hält.

3. Schienen- und Fährverbindungen: Für weite Strecken

Neben Light Rail und Bus gibt es noch die Sounder Commuter Rail (Pendlerzüge) und Washington State Ferries (Staatsfähren) für längere Reisen etwa nach Tacoma, Everett oder Bainbridge Island.

(1) Sounder Rail: Pendlerzug für lange Distanzen

Diese Bahn hat zwei Linien, eine nach Norden (Everett) und eine nach Süden (Tacoma, Lakewood). Für Fahrten außerhalb von Seattle sind diese Züge komfortabler als Autofahren, besonders im Berufsverkehr.

Ich bin einmal mit dem Sounder von Seattle nach Tacoma gefahren (ca. 1 Stunde). Die Fahrt bietet beeindruckende Aussichten auf die Bucht und die Berge. Die ORCA-Karte wird auch hier als Ticket akzeptiert, der Preis richtet sich nach der Entfernung.

(2) Washington State Ferries: Wasserweg mit Ausblick

Die Fähren sind ein Markenzeichen Seattles und bieten nicht nur Transport, sondern auch touristisches Erlebnis. Beliebte Strecken verbinden Downtown Seattle mit Bainbridge Island oder Bremerton. An Bord gibt es bequeme Sitzplätze und Aussichtsdecks, bei gutem Wetter sieht man Mount Rainier und die Olympic Mountains.

Die Fähren fahren etwa stündlich, das Ticket kostet circa 9–10 Dollar. Man kann zu Fuß oder mit Auto an Bord gehen, Tickets sind online oder am Terminal erhältlich.

4. Mietwagen und eigenes Fahren: Flexibilität mit Bedacht

Auch wenn der öffentliche Verkehr gut ausgebaut ist, ist ein Auto in manchen Fällen unverzichtbar, etwa bei Ausflügen in Nationalparks oder Reisen ins Umland.

(1) Mietwagen sind leicht verfügbar, aber Stadtfahrten sind nicht ideal

Am Flughafen und in der Innenstadt gibt es viele Mietwagenfirmen (Enterprise, Hertz, Avis u.a.). Am Flughafen befinden sich Mietwagenzentren mit Shuttle-Service, manche Hotels bieten Autoanlieferung an.

Allerdings sind Parkplätze in der Innenstadt teuer und knapp, Straßen sind steil. Das Fahrerlebnis in der Stadt kann daher anstrengend sein. Wenn nicht ein Ausflug zu Orten wie Mount Rainier, Leavenworth oder Snoqualmie Falls geplant ist, rate ich meist von einem Mietwagen in Seattle ab.

(2) Carsharing und Miet-Apps als Alternative

Es gibt flexible Alternativen wie Zipcar oder Turo, die Kurzzeitmieten ermöglichen. Für spontane Fahrten, etwa morgens zum Wandern oder abends zu einem Konzert außerhalb, bieten diese Dienste viel Freiheit. Registrierung geht online, Reservierungen sind oft stundenweise möglich, was praktisch und kosteneffizient ist.

5. Radfahren und Zu-Fuß-gehen: Den langsamen Charme erleben

Wer die Natur liebt und es gerne entspannt angeht, für den ist Seattle ideal zum Radfahren oder zu Fuß Erkunden. Die Stadt bietet viele grüne Ecken und schöne Wege, die man mit dem Rad oder bei Spaziergängen entdecken kann. Dabei erlebt man die Stadt intensiver, als wenn man nur mit Auto oder Bus unterwegs ist, denn man sieht kleine Details und kann jederzeit anhalten, um die Atmosphäre aufzusaugen.

(1) E-Scooter und Bikesharing

Seattle verfügt über mehrere Anbieter wie Lime, Bird und Spin, die E-Scooter und Leihfahrräder zur Verfügung stellen. Nach dem Herunterladen der jeweiligen App kann man die Fahrzeuge spontan entsperren und losfahren – ohne langwierige Anmeldung vor Ort. Die Routen sind gut auf die wichtigsten Stadtteile und Sehenswürdigkeiten abgestimmt. Beispielsweise ist die Strecke vom Pike Place Market zum Olympic Sculpture Park entlang der malerischen Waterfront besonders beliebt und bietet tolle Ausblicke. Dabei ist es wichtig, die geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten und in bestimmten Bereichen die Nutzung von Scootern zu vermeiden, um Unfälle und Bußgelder zu verhindern.

(2) Fußgängerfreundliche Stadtviertel

Seattle hat mehrere Stadtviertel, die sich hervorragend zum zu Fuß Erkunden eignen. Besonders die Innenstadt, Belltown, Capitol Hill und Fremont laden mit ihren breiten Gehwegen, charmanten Cafés und kleinen Läden zum Flanieren ein. An sonnigen Tagen genieße ich es sehr, entlang des Elliott Bay Trails zu spazieren, der herrliche Ausblicke auf die Bucht bietet. Am Wochenende frühmorgens ist Pioneer Square mein Lieblingsort: Hier bereiten Künstler ihre Ausstellungen vor, Straßenmusiker stimmen ihre Instrumente, und die kreative Energie der Stadt wird spürbar. Solche Momente kann man nur zu Fuß entdecken und erleben.

6. Tipps und Empfehlungen für die Fortbewegung

Aus meinen Reisen habe ich folgende Hinweise gesammelt:

  • Kauf dir eine ORCA-Karte – sie funktioniert in Bus, Light Rail, Sounder Rail und Fähren, und erspart viel Stress.
  • Vermeide die Stoßzeiten (7:30–9:00 Uhr und 16:30–18:00 Uhr), dann sind Busse und Bahnen besonders voll.
  • Nutze Google Maps oder die Transit-App, um aktuelle Fahrpläne und Verbindungen zu checken.
  • Für Ausflüge ins Umland ist ein Mietwagen meist praktischer.
  • Sei auf das oft regnerische Wetter vorbereitet, eine wasserdichte Jacke und ein wasserfester Rucksack sind Gold wert.

Verkehr ist mehr als nur Mobilität – es ist eine Art, die Stadt zu erleben

Im Laufe meiner Aufenthalte habe ich gelernt: Die Wahl des Verkehrsmittels bestimmt, wie man Seattle erlebt. Mit der Light Rail sieht man die städtische Struktur und das System, mit dem Bus erlebt man das Alltagsleben der Einwohner, mit dem Auto hat man die Freiheit, weiter entfernte Orte zu entdecken, und zu Fuß oder per Rad erlebt man die Stadt am intensivsten und intimsten.

Seattle ist mehr als nur ein Punkt auf der Landkarte – es sind unzählige Momente auf Straßen, in Bahnen und an Fähranlegern. Welche Art möchtest du wählen, um diese Stadt für dich zu entdecken?

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