Von Frühstück bis Abendessen: Die fünf klassischen Gerichte, die man in Seattle unbedingt probieren sollte

Der Herbst in Seattle gehört zu meinen liebsten Reisezeiten. Wenn die Luft kühler wird, feiner Nieselregen durch die Straßen zieht und die ganze Stadt in einen zarten Nebel gehüllt ist, entfalten sich hier ganz besondere Stimmungen. Gerade in dieser poetischen Jahreszeit sind kulinarische Erlebnisse von besonderem Wert. Ein Reisetag beginnt mit einem warmen Frühstück und endet mit einem köstlichen Abendessen – und das Essen selbst wird zu einem zweiten Gesicht dieser Stadt: lebendig, facettenreich und voller Geschichten.
Auf dieser Reise habe ich die fünf repräsentativsten Gerichte Seattles probiert – von früh bis spät. Jeder Bissen erzählt etwas über die Seele dieser Stadt. Hier sind meine fünf kulinarischen Favoriten, die mir in Seattles herbstlicher Atmosphäre nicht nur den Magen, sondern auch das Herz gewärmt haben.
1. Frühstück: Lachs-Bagel auf dem Pike Place Market
Es gibt kaum etwas Schöneres, als an einem herbstlichen Morgen durch den Pike Place Market zu schlendern. Dieser traditionsreiche Markt aus dem Jahr 1907 ist eines der Wahrzeichen Seattles und bei jedem meiner Besuche Pflichtprogramm. Die Händler rufen ihre Tagesangebote, die ersten Touristen ziehen mit Kaffeebechern in der Hand vorbei, und es duftet nach frischem Brot, Fisch und Obst. Alles hier weckt die Sinne – besonders der warme Lachs-Bagel, der perfekte Start in den Tag.
Ich habe mich für einen Stand namens The Rachel’s Bagels & Burritos entschieden. Der Bagel wird hier mit frischem Lachs aus dem Snohomish River belegt, dazu kommen cremiger Frischkäse, feine rote Zwiebeln und frischer Dill – eingebettet in einen handgemachten, leicht zähen Bagel mit knuspriger Kruste. Der erste Biss: außen knusprig, innen weich, der Lachs buttrig-zart, perfekt ergänzt durch den Frischkäse. Die frische Säure der Zwiebeln und das Aroma des Dills rundeten das Geschmackserlebnis ab.
Mit dem geschäftigen Treiben des Markts um mich herum und Musik von Straßenkünstlern im Ohr, genoss ich mein Frühstück – und dachte: Genau das ist Seattle. Unaufgeregt, aber stilvoll. Herzlich, mit einem Hauch Überraschung. Eine Mahlzeit, die nicht nur den Magen, sondern auch die Seele wärmt.
2. Vormittagssnack: Klassischer Zuckerguss-Donut von Top Pot Doughnuts
Nach dem Frühstück ging ich weiter durch die Innenstadt bis zur Flagship-Filiale von Top Pot Doughnuts. Diese lokal gegründete Marke ist bekannt für handgemachte Donuts und Retro-Charme. Die Inneneinrichtung mit Holzregalen, alten Backbüchern und nostalgischen Emailletafeln versprüht gemütliche Caféhausatmosphäre – ideal für eine kleine Pause am späten Vormittag.
Ich bestellte einen heißen Latte und ihren beliebtesten Donut: den „Old-Fashioned Glazed“. Einfach im Aussehen, aber raffiniert im Geschmack. Die Glasur ist nicht zu süß, die Kruste leicht knusprig, das Innere saftig und weich mit einem Hauch Vanille und Karamell. Perfekt für alle, die es süß, aber nicht übertrieben mögen. Der Donut war angenehm warm und zerging fast auf der Zunge – ein echter Klassiker, der nicht enttäuscht.
Im Café lief sanfter Jazz, draußen rieselten die roten Blätter herab, Passanten eilten mit Regenschirmen vorbei. Dieser kleine Snack schenkte mir einen Moment der Ruhe – eine Pause, ein Atemzug inmitten einer vollen Reise. Ich lehnte mich zurück, genoss jeden Bissen und ließ mich für einen Augenblick einfach treiben, als wäre der Regen ein Teil des Genusses.
3. Mittagessen: Muschelsuppe und Fish & Chips bei Ivar’s Acres of Clams
Zum Mittagessen ging ich an die malerische Uferpromenade von Elliott Bay, um bei Ivar’s Acres of Clams einzukehren – einem der ältesten und bekanntesten Fischrestaurants Seattles. Seit über 70 Jahren zieht es sowohl Einheimische als auch Touristen in dieses charmante Lokal. Besonders berühmt ist die Muschelsuppe, die jedes Jahr viele Liebhaber begeistert.

An diesem regnerischen Herbsttag setzte ich mich an einen Fensterplatz mit direktem Blick auf die Bucht und die schäumenden Wellen des Wassers. Die Suppe kam schnell, dampfend und duftend, reich an zartem Muschelfleisch, das in der cremigen Basis aus Butter, Kräutern und Kartoffeln wunderbar zur Geltung kam. Der Geschmack war reichhaltig und voll, dabei aber keineswegs schwer oder fettig. Besonders genossen habe ich die Variante im „Bread Bowl“, bei der die Suppe in einem runden Brot serviert wurde. Das Brot saugte sich förmlich mit der warmen Suppe voll, sodass jeder Löffel noch mehr Genuss bot. Es war ein Erlebnis, das man wirklich genießen konnte – vom ersten bis zum letzten Bissen.
Der Fish & Chips kam ebenfalls in einer großzügigen Portion. Der Fisch, ein frischer pazifischer Kabeljau, war außen goldbraun frittiert, knusprig und gleichzeitig innen saftig. Der Teig war leicht und luftig, so dass der Fisch im Mund fast schwebte. Dazu servierte man die perfekte hausgemachte Tartarsauce, die den Geschmack wunderbar abrundete. Nach dieser köstlichen Mahlzeit machte ich einen kurzen Spaziergang entlang der Uferpromenade. Möwen flogen laut rufend über das Wasser, und der graue Himmel von Seattle verstärkte das Gefühl von Ruhe und Weite. Die Farben des Himmels, das sanfte Plätschern der Wellen – alles fügte sich zu einer wohltuenden, fast meditativen Atmosphäre zusammen.
4. Nachmittagstee: Belgische Waffeln im Tilikum Place Café
Um 15 Uhr, der perfekten Zeit für ein kleines Ritual, machte ich mich auf den Weg zum Tilikum Place Café – ein verstecktes Juwel mit europäischem Flair, das in der Nähe des Seattle Art Museum liegt. Die charmante Atmosphäre des Cafés, das einladend und warm wirkt, ist wie geschaffen für eine entspannte Pause vom Trubel der Stadt. Draußen färbten sich die Ahornblätter in ein wunderschönes Rot und Gold – die Farben eines herbstlichen Gemäldes, das den gesamten Ausblick auf das Café verschönerte. Es fühlte sich an, als ob der Herbst selbst in diesem kleinen Café eingezogen wäre.
Ich bestellte die berühmten belgischen Waffeln, die frisch aus dem Waffeleisen kamen und mit einer großzügigen Portion frischer, in der Region geernteter Blaubeeren belegt waren. Die Waffeln wurden mit einer Kugel hausgemachtem Vanilleeis serviert, das sanft in der warmen Waffel schmolz, sowie reichlich Ahornsirup, der langsam über die Waffel floss und sie in einen goldenen Glanz tauchte. Der Duft der warmen Waffeln vermischte sich mit dem süßen Aroma des Ahornsirups, und der erste Bissen – weich und doch knusprig zugleich – war ein rundum sinnliches Erlebnis. Die Kombination von den kühlen Blaubeeren, der samtigen Eiscreme und den warmen Waffeln war einfach perfekt.
In diesem Moment, bei einem heißen Tee, der meine Hände erwärmte, und einem atemberaubenden Blick auf das goldene Laub vor dem Fenster, spürte ich, wie still und poetisch Seattle sein kann. Die sanften Farben der Natur, der Duft des Tees und das angenehme Murmeln der Gespräche um mich herum führten dazu, dass ich ganz in der Ruhe des Augenblicks versank. Es braucht keine Worte – nur diesen süßen Nachmittagsmoment, um sich in die Stadt und die Schönheit dieses einfachen, aber so besonderen Augenblicks zu verlieben.

5. Abendessen: Northwest Dry-aged Beef im Restaurant Canlis
Zum Abschluss des Tages kehrte ich in eines der renommiertesten Restaurants der Stadt ein: Canlis. Hoch über dem Lake Union, auf einem Hügel im Stadtteil Queen Anne gelegen, bietet das Restaurant nicht nur ein atemberaubendes Panorama auf die Stadt, sondern auch einen unvergesslichen Blick auf den See. Besonders im Herbst, wenn die untergehende Sonne das Wasser in ein warmes Bernsteinlicht taucht, fühlt man sich fast wie in einem Film. Die Atmosphäre ist gleichzeitig elegant und gemütlich, mit modernem Design und gleichzeitigem Charme der klassischen Restaurantgeschichte. Jede Mahlzeit hier wird zu einem visuell und kulinarisch faszinierenden Erlebnis.
Ich wählte das Signature-Gericht: langsam gereiftes Rindfleisch aus der Region, das nach der traditionellen nordwestlichen Art zubereitet wird. Das Fleisch, über 48 Stunden bei niedriger Temperatur gegart, ist perfekt rosa, außen leicht karamellisiert und innen zart und saftig. Der Geschmack ist intensiv und reichhaltig, jeder Bissen bringt neue, komplexe Aromen hervor. Die Beilagen wie geröstete Karotten, Wildpilze und das geschmeidige Püree ergänzen das Fleisch auf harmonische Weise, ohne ihm die Show zu stehlen. Eine kräftige Rotweinsauce rundet das Gericht ab und sorgt für eine herbstlich-warme Note.
Was Canlis wirklich besonders macht, ist nicht nur die herausragende Qualität der Speisen, sondern auch die Atmosphäre und der exzellente Service. Jeder Gang wird mit Hingabe erklärt, und man spürt die Leidenschaft der Köche und das tiefgehende Verständnis für die Zutaten. Die Geschichten, die mit jedem Gericht verbunden sind, vermitteln eine tiefere Verbindung zur Region und ihrer Geschichte. Diese Mahlzeit war der krönende Abschluss eines kulinarisch erfüllten Tages und ein wahres Fest für die Sinne.
Mit dem Gaumen Seattles Seele entdecken
Vom Bagel am Morgen bis zum eleganten Dinner am Abend – an einem einzigen Tag habe ich mich durch das kulinarische Herz Seattles gegessen. Hier wird nicht gekünstelt, sondern ehrlich gekocht. Die Zutaten sprechen für sich, sie sind frisch, lokal und voller Charakter. Die Zubereitung folgt dem Rhythmus der Jahreszeiten, was jedem Gericht eine besondere Tiefe verleiht. Jede Mahlzeit ist wie ein kleines Kapitel in einem großen Roman, in dem sich die Geschichte der Stadt, ihre Menschen und ihre Traditionen widerspiegeln.
In diesem herbstlichen Seattle bin ich über feuchte Straßen gegangen, habe das Rascheln von Laub gehört und mich mit jedem Bissen tiefer in die Stadt verliebt. Die kühle, frische Luft und das sanfte Plätschern des Regens in den Straßen machten das Erlebnis noch intensiver. Die Atmosphäre in den Cafés, Restaurants und Märkten zog mich in ihren Bann. Es war ein Ort, an dem die Zeit stillzustehen schien, während die Aromen und Texturen der Gerichte mich in eine andere Welt entführten.
Wenn du bald nach Seattle reist, probiere doch meine Route von Frühstück bis Abendessen. Diese Reise führt dich nicht nur durch köstliche Speisen, sondern auch durch die Seele der Stadt. Ich bin sicher, dass du – wie ich – viele dieser Aromen lange im Gedächtnis behalten wirst und sie dich bei jeder Rückkehr in diese Stadt begleiten werden.
Schlagwörter: Clam Chowder, Pike Place Market, Restaurant Canlis